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20.10.2016

Herbsttreffen der Jugendbildungsstätten Bayern 2016

Das Herbstreffen, das die Jugendbildungsstätten in Bayern jährlich ausrichten, widmete sich auch in diesem Jahr der Situation junger Flüchtlinge und den Aufgaben der Jugendbildungsstätten bei ihrer Integration. Dabei wurde deutlich: Die Bandbreite der im letzten Jahr entstandenen Projekte, Seminare und Kooperationen an den einzelnen Häusern dazu ist groß. Ein neues, wichtiges Thema ist antirassistische Bildungsarbeit.

Innerhalb des letzten Jahres haben die Jugendbildungsstätten ihr Engagement, ihre Angebote und Kooperationen für eine gelingende Integration junger Flüchtlinge massiv ausgeweitet. Dies wurde bei der Gesamtschau am ersten Tag des diesjährigen Herbsttreffens des Netzwerks in Waldmünchen deutlich. Das Spektrum reicht von Bildungsangeboten für Kinder und Jugendliche mit und ohne Fluchterfahrung über Fortbildungen für Multiplikatoren, Haupt- und Ehrenamtliche der Flüchtlingsarbeit. Entstanden sind neue Kooperationen mit Verbänden, Jugendämtern, Sozialeinrichtungen oder Ehrenamtskreisen.

„Kein Mensch flüchtet freiwillig"

Zum Auftakt des zweiten Tages schilderte Bernd Moser, Referent für Migration und Integration bei der AWO in Nürnberg, die Lebenssituation (junger) Geflüchteter in Deutschland. „Kein Mensch flüchtet freiwillig", lautete seine klare Botschaft. Für das Gros der Geflüchteten besteht der Alltag in Deutschland aus zermürbendem Warten und Angst vor Abschiebung, mit einer Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Gesellschaftliche Teilhabe und Arbeit bleiben für viele Wunschtraum. „Schaffen Sie in ihren Einrichtungen Schnittstellen für gesellschaftliche Teilhabe, ermöglichen Sie Begegnung und Beziehung", forderte Moser auf.

Diesen Ansatz verfolgen die Jugendbildungsstätten und zeigten Beispiele aus ihrer praktischen Arbeit auf. Stefan Lutz-Simon, Leiter der Jugendbildungsstätte Unterfranken, stellte das Projekt „Fluchtperspektive" vor, bei dem junge Geflüchtete als Experten ihrer Geschichte in Seminaren die Rolle als (Co-) Referenten für das Thema Flucht und Flüchtlingserfahrung einnehmen. „Sie berichten über ihre Fluchterfahrung, nicht über Flucht", so Lutz-Simon.

Non-formale Bildungsangebote spielen für die gesellschaftliche Partizipation junger Geflüchteter und für die Erfahrung von Selbstwirksamkeit eine wesentliche Rolle. Bildungsangebote müssen bei den Interessen der geflüchteten Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst ansetzen und diese ermutigen, ihre Interessen zu vertreten und somit aktiv Prozesse mitzubestimmen und zu gestalten, so das Fazit. Begegnungen von autochthon Deutschen mit nicht-Deutschen zu schaffen, von geflüchteten und nicht geflüchteten Jugendlichen, ist ein Ansatz der Bildungsarbeit der Jugendbildungsstätten. Während spezielle Angebote für Geflüchtete stigmatisierend wirken können, setzen Angebote der Jugendbildungsstätten gezielt partizipativ und ermächtigend, niedrigschwellig und lebensweltbezogen an. Vielfalt in der Gruppe wird so auf eine entspannte und natürliche Weise erlebbar.

Damit außerschulische Jugendarbeit Angebote für junge Geflüchtete erstellen kann, braucht es eine Qualifizierung der Haupt- und Ehrenamtlichen in interkultureller Kompetenz, im Umgang mit Traumata oder in Bezug auf rechtliche Themen. Hier leisten die Jugendbildungsstätten z.B. in Kooperationen mit Verbänden und Trägern der Region bereits ihre Beitrag. Auch finden Fortbildungen für Ehrenamtliche an einigen Häusern statt, die sehr gut angenommen und stetig weiterentwickelt werden.

In Deutschland eine Ausbildung aufzunehmen und sich damit in die Arbeitswelt zu integrieren, ist für junge Geflüchtete nicht einfach. Drei Jugendbildungsstätten berichteten hierzu aus ihrer Arbeit. Die Burg Schwaneck konnte in Kooperation mit dem Jugendamt 40 Jugendliche der im Haus ansässigen Wohngruppe für UmF in Praktikumsplätze bringen. In „Future Camps" werden die überwiegend männlichen Jugendlichen fit gemacht für die Ausbildung. Eine Berufsschulkooperation besteht mit der Burg Hoheneck seit 2015. Sie begleitet – ebenfalls in Kooperation mit dem KJR – vier Berufsschulklassen mit jungen Geflüchteten mit dem Ziel, diese in Ausbildungen zu vermitteln.

Der Herausforderung Rechtspopulismus begegnen

Angesichts zunehmender rechtspopulistischer Tendenzen in der Bevölkerung wird eine gezielte antirassistische Bildungsarbeit immer wichtiger. Mit vermehrten Angeboten zur antirassistischen Jugendarbeit werden sich die Jugendbildungsstätten dieser Herausforderung stellen. Hier geht es um Abbau von Ängsten und Vorurteilen, bei Gästen wie bei Mitarbeitenden der Jugendbildungsstätten, Seminare zur Förderung von Zivilcourage für alle Altersgruppen sowie einer Grundsensibilisierung für die Vielfalt unserer Gesellschaft. Seminare wie „Wie geht Deutschland" oder „Demokratie" sollen deutschen wie nicht-deutschen Jugendlichen die Grundzüge des Miteinanders und des demokratischen Prinzips nahe bringen. Ein Angebot mit dem Titel „Gegen Stammtischparolen" wurde während der Tagung entwickelt. Es soll junge Menschen in Argumentationstrainings ermächtigen, diskriminierenden und fremdenfeindlichen Äußerungen aktiv zu begegnen. Das Seminar soll in allen Häusern gebucht werden können.

Querschnittsaufgabe: Interkulturelle Öffnung der Häuser

In Arbeitsgruppen wurde während der Tagung ein Konzept zur interkulturellen Öffnung der eigenen Häuser entwickelt: angefangen bei der Sensibilisierung aller Mitarbeiter*innen, über Herausforderungen beim Kochen für multinationale und –religiöse Gruppen, Schaffung von Begegnungsräumen für die unterschiedlichen Gästegruppen. In den nächsten Jahren soll die Internationalisierung der Häuser etwa durch junge Menschen im europäischen Freiwilligendienst sowie mehr Mitarbeitende mit Migrationshintergrund vorangebracht werden.

Mehr Informationen

Jugendbildungsstätte Waldmünchen

Schloßhof 1
93449 Waldmünchen

Telefon: 09972 9414-0
E-Mail: office@jugendbildungsstaette.org

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