Jugendbildungsstätten Bayern
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Anfang März haben wir die JuBi Unterfranken in Würzburg besucht und durften bei der Klausur des Pädagogischen Teams die gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit des JuBi-Netzwerks vorstellen. Nach der langen remote-Zeit war diese persönliche Begegnung für alle eine tolle Gelegenheit zum Wiedertreffen, Kennenlernen und enger Vernetzen! Geleitet wurde die Klausur von Zehranur Manzak. Sie ist Bildungsreferentin im Referat couragiert und seit Kurzem auch im Leitungsteam der JuBi Unterfranken – für uns der perfekte Anlass, mit ihr ein Interview für unsere Reihe „Gesichter der JuBis" zu führen ????
Liebe Zehra, du bist seit Oktober letzten Jahres mit Stefan Lutz-Simon im Leitungstandem an der Jugendbildungsstätte Unterfranken. Magst Du deinen Werdegang an der JuBi erzählen?
Gerne, ich glaube ich habe so ziemlich jeden Bereich an der JuBi einmal „abgeklappert". 2005, zu Beginn meines Studiums der Erziehungswissenschaften hatte ich die Jugendbildungsstätte so gar nicht auf dem Schirm. Eine Kommilitonin hat mich erst darauf aufmerksam gemacht, die damals selbst in der JuBi arbeitete. Sie meinte, dass ich mit „meinem Spirit" gut zu dieser Einrichtung passen würde und 2006 war ich dann schon das erste Mal in einem Seminar als Referentin dabei. Stefan hatte als Leitung zu der Zeit einen Lehrauftrag an der Uni inne und so sind wir in Kontakt gekommen; das Haus war gerade eröffnet, alles neu und frisch und viel im Entstehen. Mein Pflicht-Praktikum habe ich dann schon in der JuBi absolviert und im Anschluss eine kurze Zeit parallel zum Studium an der Rezeption gejobbt. Zum Abschluss meines Studiums wurde im Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage" eine befristete Stelle frei, mit der ich ins Pädagogische Team einstieg. Dann war ich zeitweise immer mal Elternzeitvertretung und habe schließlich irgendwann mit „couragiert" mein eigenes Referat bekommen. Als es letztes Jahr um die Co-Leitung ging, habe ich Interesse angemeldet – auch wenn es mir nie in den Sinn gekommen wäre, ein Team zu leiten, in dem ich selbst mitwachsen durfte! Mein Weg an der JuBi ist im Rückblick eine Art Selbstläufer gewesen und auch dieser Schritt fühlt sich gut und richtig an.
Wie verändert sich deine Arbeitswelt jetzt mit der Leitungsposition?
Stefan hat mir die pädagogische Leitung übertragen und den Raum, selbst zu gestalten. Als erste größere Veranstaltung habe ich jetzt die Klausur des pädagogischen Teams organisiert und durchgeführt. Dabei war mir wichtig, dass wir im Team schauen, wo wir gemeinsam stehen, was wir verändern wollen und was es dafür braucht. Was ich stark merke ist, dass sich mit einer neuen Rolle – und gerade einer Leitungsposition – von einem Moment auf den anderen vor allem die Erwartungen verändern und die Menschen mit anderen Anliegen und Fragen auf mich zukommen als vorher. Zum Hineinwachsen in die Stelle habe ich mir selbst ein Jahr gegeben und ich hoffe, mein Team gibt mir auch diese Zeit. Dass ich die Einrichtung sehr gut kenne und Stefan als Backup da ist, hilft dabei enorm. Aber ich möchte mir bewusst Zeit nehmen, um meine Authentizität in der neuen Rolle zu finden.
Bei allen Veränderungen gehört Mut dazu – was bedeutet Mut für dich?
Mut fühlt sich glaube ich für jeden anders an. Was für den einen eine Herausforderung ist, ist für die andere vielleicht selbstverständlich. Für mich persönlich hat Mut ganz viel mit Bauchgefühl zu tun. Dass ich darauf höre und vertraue, auch wenn Logik und Verstand vielleicht in dem Moment etwas Anderes sagen. Aber wenn ich Zuversicht fühle, dass mein Vorhaben richtig ist und gelingen kann und mich dann noch traue es umzusetzen, kann etwas richtig Tolles entstehen.
Wann musstest du auf deinem Lebensweg schon einmal besonders mutig sein?
Ich bin als erstes Kind meiner Eltern und erste Enkelin meiner Großeltern in Deutschland geboren worden, das heißt da war ganz viel mit Learning by doing zu erfahren, wofür es oft Mut brauchte. Außerdem beginnt mein Mädchenname mit „A", also war ich auch in der Schule oft die Erste, etwa wenn es beim Abfragen nach dem Alphabet ging oder ich im Sportunterricht als Erste losrennen durfte. Mutig sein hat für mich also eher etwas Grundsätzliches – es gibt nicht den einen Moment, es sind eher viele kleine Situationen, die mir noch niemand vorgelebt hatte und in denen „Mutig-sein" schlichtweg die Devise war.
Auch die Seminare in deinem Referat haben mit Mut zu tun, mit Zivilcourage und Demokratiebildung. Welche Angebote gibt es konkret im Referat „couragiert"?
Es gibt die große Palette der Basisthemen an der JuBi; Das sind 52 Themen, die unseres Erachtens in der Bildungsarbeit einer Migrationsgesellschaft relevant sind, wie etwa Intersektionalität, Erinnerungsarbeit oder Bereiche von Mehrheit-Minderheit-Machtverhältnissen, um nur einige zu nennen. Im Referat „couragiert" sind die Angebote darauf ausgerichtet, was es braucht um einen guten Umgang miteinander zu entwickeln, in Schulklassen genauso wie in jeder anderen Gruppe. Im Mittelpunkt stehen Themen wie Ausgrenzung, Mobbing, Teamdynamik und Zivilcourage. Unsere Zielgruppe sind dabei Jugendliche und Multiplikator:innen in der Jugendarbeit, so dass von den Angeboten letztendlich immer junge Menschen profitieren. Wir bekommen viele Anfragen von Schulklassen und Gruppen und versuchen immer, die Seminare auf die Bedarfe der jeweiligen Gruppe abzustimmen.
Mit vielfältigen Methoden und Angeboten ermöglicht ihr außerdem Erinnerungsarbeit – auch für Jugendliche und junge Erwachsene mit Migrationserfahrung. Warum ist das wichtig?
Es ist Realität, dass es in jeder Klasse die zu uns kommt, Jugendliche gibt, deren Eltern nicht in Deutschland geboren sind. Trotzdem ist die Geschichte dieses Landes auch ein Teil ihrer Geschichte und uns ist wichtig diese Jugendlichen nicht einfach auszuklammern – ganz im Gegenteil. Wir haben ein klares Verständnis davon, dass jeder Mensch, der hier ist mit seiner ganzen Person da ist und dabei gilt es, nicht die Unterschiede weg zu dividieren, sondern viel mehr ein Bewusstsein für unterschiedliche Lebensrealitäten zu entwickeln. Wir brechen bewusst mit dem Denken in ein sogenanntes „wir und ihr" und stellen eher Fragen, die alle mitnehmen und ansprechen sollen wie beispielsweise: „Wie geht es dir persönlich damit, wenn du jetzt an diesem Stolperstein stehst, über das Schicksal eines Menschen erfährst und was hat das mit uns heute zu tun?", jenseits davon, wo die Großeltern dieses (jungen) Menschen zum Zeitpunkt des Zweiten Weltkrieges gelebt haben. Darum geht's doch: die Mechanismen auszuhebeln, die Gewalt und Ausgrenzung reproduzieren, damit wir im Bewusstsein der verschiedenen Biografien in eine hoffnungsvolle und friedfertige Zukunft gehen können.
Warum ist die JuBi dafür der richtige Ort für Dich?
Ich bin überzeugt davon, dass unsere Arbeit wichtig ist und wir einen Teil dazu beitragen, dass unsere Gesellschaft ein etwas „besserer" und lebendigerer Ort werden kann. Wir tun das im Bewusstsein, dass auch wir natürlich nicht „perfekt" sind und haben dabei nicht alle Antworten auf alle Fragen, wenn es um (migrations-)gesellschaftliche Entwicklungen geht. Wir haben eher viel mehr Fragen als Antworten, würde ich sogar behaupten. Wir verstehen uns als lernende Institution, nehmen Rückmeldungen ernst und schauen wie realistisch wir unsere Ziele erreichen können. Die Ehrlichkeit und die Menschen in der JuBi – das tut mir gut.
Berner Str. 14
97084 Würzburg
E-Mail: info@jubi-unterfranken.de
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